Bevor der Olympiapark entstand, war das Oberwiesenfeld eine ebene und kaum bebaute Fläche. Vom Ende des 18. Jahrhunderts an wurde es zunächst militärisch genutzt, seit Anfang des 20. Jahrhunderts auch als Flugplatz.

In: Olympia in München, Offizielles Sonderheft der Olympiastadt München, hg. v. Hans Weitpert, München 1969, S. 20

In: Olympia in München, Offizielles Sonderheft der Olympiastadt München, hg. v. Hans Weitpert, München 1969, S. 20
Der Architekt Günter Behnisch und seine Partner verwandelten diese Ebene in eine modellierte Landschaft. Dabei integrierten sie bereits bestehende Komponenten. Etwa den Schuttberg, der nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Trümmern der Stadt aufgehäuft worden war. Oder den Nymphenburg-Biedersteiner Kanal, den sie zum See ausweiteten. Auch Bauten wie der Fernsehturm und die Eissporthalle, die noch vor Olympia geplant worden waren, wurden eingebunden.

Unbekannt, Fotografie, 13.10.1967, Horstmüller GmbH

Unbekannt, Fotografie, 13.10.1967, Horstmüller GmbH
Die zentralen Sportstätten entwarfen die Architekten nicht als massive oder gar monumentale Einzelbauten, sondern als Teil der olympischen Landschaft - als "Fortsetzung der Landschaft mit anderen Mitteln". Stadion, Sport- und Schwimmhalle betteten sie in Mulden ein und überspannten sie mit einem transparenten Dach. In Abgrenzung zu den Olympischen Spielen in Berlin 1936 versinnbildlichte ihre Gestaltung konsequent demokratische Werte und machte sie in Form einer Landschaftsplastik erleb- und erfahrbar.

R. Augustin und G. Ott (Modellbau), um 1970, Holz, Kunststoff, Aluminium, Münchner Stadtmuseum, Foto: Gunther Adler

R. Augustin und G. Ott (Modellbau), um 1970, Holz, Kunststoff, Aluminium, Münchner Stadtmuseum, Foto: Gunther Adler
Der Olympiapark steht seit 1998 als Ensemble unter Denkmalschutz. Angestoßen von den Bewohner*innen des Olympischen Dorfs laufen derzeit Bemühungen zur Aufnahme des Olympiaparks in die UNESCO-Welterbeliste.
UFA-Dabei 1970 / UFA-Dabei 1972
"Das Superdach"
Lange war unklar, ob das Dach, das Behnisch & Partner in ihrem Modell für den Ideen- und Bauwettbewerb Oberwiesenfeld mit Holzstäbchen und Nylonstrumpfmaterial veranschaulicht hatten, überhaupt realisierbar ist. Schon die Jury hätte den Entwurf der späteren Wettbewerbsgewinner deshalb beinahe vorzeitig aussortiert. Der Vorsitzende, Egon Eiermann, erkannte jedoch seine Qualitäten und rückte diese in den Fokus.

Christian Kandzia, Fotografie, 1968, saai | Archiv für Architektur und Ingenieurbau am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Bestand: Günter Behnisch & Partner

Christian Kandzia, Fotografie, 1968, saai | Archiv für Architektur und Ingenieurbau am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Bestand: Günter Behnisch & Partner
Nachdem verschiedene alternative Dachformen geprüft worden waren, fiel schließlich die Entscheidung, ein punktgestütztes Hängedach zu errichten. An der Entwicklung der entsprechenden Konstruktion beteiligte sich neben dem Bauingenieur Jörg Schlaich insbesondere der Architekt Frei Otto. Dieser hatte mit dem Pavillon für die Weltausstellung 1967 in Montreal, der in Zusammenarbeit mit Rolf Gutbrod entstanden war, auch das Vorbild für die Zeltdach-Idee von Behnisch & Partner geliefert.

Max Prugger, Fotografie, 1971, Bayerische Staatsbibliothek München/Fotoarchiv Prugger

Max Prugger, Fotografie, 1971, Bayerische Staatsbibliothek München/Fotoarchiv Prugger
Für das Olympia-Dach wurde ein vorgespanntes Stahlseilnetz gefertigt, das an 51 bis zu 80 Meter hohen Pylonen und Stützen aufgehängt ist. Um die Farbfernsehaufnahmen nicht durch Schattenwurf zu beeinträchtigen, musste das Dach lichtdurchlässig sein. Frühere Überlegungen, es mit Holz oder Leichtbeton einzudecken, erübrigten sich damit vollends. Stattdessen wurden auf das Stahlseilnetz drei mal drei Meter große Acrylglasplatten montiert.

Herbert Michalke, Fotografie, 1971, Aldiami/Herbert Michalke/Timeline Images
UFA-Dabei 1970
Von ursprünglich geschätzten 18 Millionen D-Mark erhöhten sich die Baukosten auf schließlich 170 Millionen D-Mark. Dazu äußerte der damalige Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel rückblickend: "eine Gesellschaft [muss] […] auch einmal die Kraft aufbringen, einen großen Geldbetrag für ein im engeren Sinne zweckfreies Vorhaben, für ein architektonisches Kunstwerk aufzuwenden. Es muss Freiräume geben, die von den ökonomischen Prinzipien und den landläufigen Nützlichkeitserwägungen ausgenommen sind. Viele Bauten der Vergangenheit, die für uns zu unverzichtbaren Bestandteilen der menschlichen Kultur geworden sind, wären ohne solche Durchbrechung des ökonomischen Prinzips und auch fiskalischer Gesichtspunkte nie und nimmer entstanden und die Menschheit wäre an schierer Nützlichkeit erstickt."
"Demokratisches Grün": der "Gebrauchspark"
Mit der Ausarbeitung der "olympischen Landschaft" und der Grünplanung wurde der Landschaftsarchitekt Günther Grzimek beauftragt. Mit ihm hatte Günter Behnisch schon früher zusammengearbeitet.
Gemeinsam wurde der Schuttberg geformt. Es entstanden die Voralpenlandschaft zitierende Mulden, Hügel und Täler. Die für Großveranstaltungen eigentlich erforderlichen Wegbreiten, die schnell wie Aufmarschstraßen wirken können, lösten die Gestalter zugunsten eines Netzes unterschiedlich breiter, häufig geschwungener Wege mit wechselndem Bodenbelag auf. Ausweichmöglichkeiten boten zudem die Rasenflächen, deren Betreten explizit erlaubt war.

Karsten de Riese, Fotografie, 1971, Bayerische Staatsbibliothek München/Fotoarchiv De Riese

Karsten de Riese, Fotografie, 1971, Bayerische Staatsbibliothek München/Fotoarchiv De Riese
Um die Abgrenzung von Innen- und Außenraum zu minimieren, wurden die neuen Sportstätten teilweise mit gläsernen Fassaden versehen. Ebenso wurde der Park nicht von der Stadt abgeschottet, sondern auf vielfältige Weise, etwa durch Sichtverbindungen, mit ihr verwoben.

Unbekannt, Fotografie, 1972, Deutsches Sport & Olympia Museum

Unbekannt, Fotografie, 1972, Deutsches Sport & Olympia Museum
Besondere Bereiche markierte Grzimek durch "Leitbäume". Für die Parkzugänge etwa wählte er die Linde - den typischen Münchner Alleebaum. Den Berg bepflanzte er mit Bergkiefern, die niedrig wachsen und den Berg dadurch größer erscheinen lassen. Als Leitbaum für den See wählte er die Silberweide.

Unbekannt, Fotografie, um 1970, Archiv Günther Grzimek, Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und öffentlicher Raum, Technische Universität München, Olympiapark_Bäume_für_LHM, 04_Grzimek-Archiv_Dia_069

Unbekannt, Fotografie, um 1970, Archiv Günther Grzimek, Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und öffentlicher Raum, Technische Universität München, Olympiapark_Bäume_für_LHM, 04_Grzimek-Archiv_Dia_069
Grzimek schuf eine abwechslungsreich gestaltete und vielseitig nutzbare Landschaft: Eine "Landschaft, die naturhaft und zugleich strapazierfähig ist, wie es ein guter Gebrauchsgegenstand sein soll".
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Wie bei öffentlichen Bauaufträgen üblich, war ein gewisser Prozentsatz der Auftragssumme für zeitgenössische Kunst vorzusehen. Die Baukosten für die Olympischen Spiele betrugen insgesamt 1,35 Milliarden D-Mark. Für "Kunst am Bau" wurden zunächst acht Millionen D-Mark eingesetzt. Später wurde der Betrag auf fünf Millionen D-Mark reduziert.
Über die Verwendung des Geldes wurde intensiv diskutiert. Dabei stand ein Großprojekt besonders im Fokus: die "Olympische Erdskulptur" von Walter de Maria. Der Vorschlag des amerikanischen Künstlers sah vor, ein 120 Meter tiefes Loch von drei Metern Durchmesser durch den 60 Meter hohen Schuttberg zu bohren und mit einer betretbaren Bronzeplatte zu verschließen.
Dieses "unsichtbare Denkmal" hätte nicht nur aus Sicht von Günter Behnisch gut zur "Nicht-Architektur" des Olympiaparks gepasst. Das Projekt fand zahlreiche Unterstützer*innen aus der internationalen Kunst- und Museumswelt. Dennoch lehnte der Bauausschuss der Olympia-Baugesellschaft seine Realisierung letztlich ab. Auch andere für den Park oder die Sportstätten vorgeschlagenen Beiträge so prominenter Künstler wie etwa Carl Andre, Dan Flavin, Gerhard Richter oder Andy Warhol kamen nicht zustande.
Das größte Projekt, das verwirklicht wurde, war die "Wasserwolke" von Heinz Mack im Olympiasee. Durch eine heute abmontierte Mechanik variierte ihr Erscheinungsbild von einer horizontalen Ausrichtung bis hin zu einer 36 Meter hohen Fontäne. Daneben wurden über 20 weitere Arbeiten in Auftrag gegeben. Etwa bei Otto Piene der "Lichtsatellit" für den Nordteil des Olympiaparks oder bei Fritz König eine Bronzeplastik für die Schießanlage in Garching-Hochbrück. Viele der Kunstwerke existieren heute nicht mehr.
Kein klassisches Denkmal-Konzept: der Vorschlag von Walter de Maria für eine "große Erdskulptur".
Walter de Maria, Skizze, 1970, Stadtarchiv München (DE-1992-OLY-226-001)Kein klassisches Denkmal-Konzept: der Vorschlag von Walter de Maria für eine "große Erdskulptur".
Walter de Maria, Skizze, 1970, Stadtarchiv München (DE-1992-OLY-226-001)Ebenfalls abgelehnt wurde der Vorschlag von Mathias Goeritz, Dietrich Clarenbach und Jürgen Claus, an den fünf Autobahneinfahrten bis zu 40 Meter hohe Großplastiken aus Beton zu errichten.
Unbekannt (Foto), in: Olympia in München, Offizielles Sonderheft 1972 der Olympiastadt München, hg. v. Hans Weitpert, München 1972, S. 81Ebenfalls abgelehnt wurde der Vorschlag von Mathias Goeritz, Dietrich Clarenbach und Jürgen Claus, an den fünf Autobahneinfahrten bis zu 40 Meter hohe Großplastiken aus Beton zu errichten.
Unbekannt (Foto), in: Olympia in München, Offizielles Sonderheft 1972 der Olympiastadt München, hg. v. Hans Weitpert, München 1972, S. 81Die "Wasserwolke" von Heinz Mack wurde nachts von 112 Unterwasserscheinwerfern angestrahlt und so zur "Lichtwolke". Die technischen Vorrichtungen zum Betrieb des Kunstwerks sind heute aus dem See entfernt.
Erika Groth-Schmachtenberger, Fotografie, 1972, Stadtarchiv München (DE-1992-FS-NL-GRO-314-01)Die "Wasserwolke" von Heinz Mack wurde nachts von 112 Unterwasserscheinwerfern angestrahlt und so zur "Lichtwolke". Die technischen Vorrichtungen zum Betrieb des Kunstwerks sind heute aus dem See entfernt.
Erika Groth-Schmachtenberger, Fotografie, 1972, Stadtarchiv München (DE-1992-FS-NL-GRO-314-01)Zur Schlussfeier der Olympischen Spiele wurde der "Olympische Regenbogen" von Otto Piene über den See gespannt. Der mit Helium gefüllte Schlauch in den Farben des Regenbogens war 460 m lang und sieben m breit.
Karsten de Riese, Fotografie, 1972, Bayerische Staatsbibliothek München/Fotoarchiv De RieseZur Schlussfeier der Olympischen Spiele wurde der "Olympische Regenbogen" von Otto Piene über den See gespannt. Der mit Helium gefüllte Schlauch in den Farben des Regenbogens war 460 m lang und sieben m breit.
Karsten de Riese, Fotografie, 1972, Bayerische Staatsbibliothek München/Fotoarchiv De RieseDer "Lichtsatellit" von Otto Piene wurde im Innenhof des damaligen DOZ (heute Zentrale Hochschulsportanlage) realisiert. Er bestand aus Glaskörpern, die in ein über 20 m hohes Stahlgerüst gehängt wurden.
In: Westermann 2/72. Welt Kunst Kultur, hg. v. Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1972, S. 29Der "Lichtsatellit" von Otto Piene wurde im Innenhof des damaligen DOZ (heute Zentrale Hochschulsportanlage) realisiert. Er bestand aus Glaskörpern, die in ein über 20 m hohes Stahlgerüst gehängt wurden.
In: Westermann 2/72. Welt Kunst Kultur, hg. v. Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1972, S. 29Für den Gipfel des Olympiaparks war auch Rudolf Bellings "Blütenmotiv als Friedenssymbol" im Gespräch. Die vom Deutschen Gewerkschaftsbund und der Landeshauptstadt München gestiftete Bronzeplastik wurde schließlich unterhalb des Gipfels in einer Mulde errichtet.
Gerhard Weiss, Fotomontage, 1970, Stadtarchiv München (DE-1992-OLY-226-002)Für den Gipfel des Olympiaparks war auch Rudolf Bellings "Blütenmotiv als Friedenssymbol" im Gespräch. Die vom Deutschen Gewerkschaftsbund und der Landeshauptstadt München gestiftete Bronzeplastik wurde schließlich unterhalb des Gipfels in einer Mulde errichtet.
Gerhard Weiss, Fotomontage, 1970, Stadtarchiv München (DE-1992-OLY-226-002)