Unter dem Titel „Olympischer Sommer“ startete das offizielle Kunstprogramm für die Olympischen Spiele 1972 in München bereits ein paar Wochen vor deren Eröffnung. Das vielseitige Programm bot neben sechs Ausstellungen zahlreiche Opern, Operetten und Musicals, Ballettaufführungen, Folkloredarbietungen, Theaterstücke und Konzerte.
Zusammengestellt wurde es vom Organisationskomitee (OK) und seinem Kunstausschuss: „Im Gegensatz zu früheren Olympischen Spielen wurde das Kunstprogramm nicht jeweils einzeln von den teilnehmenden Nationen, sondern von den Organisatoren in München erstellt. […] Dabei war es ein erklärtes Ziel […], möglichst viele der an den Sportwettkämpfen beteiligten Nationen, auch mit einem künstlerischen Beitrag zu beteiligen.“

Otl Aicher und Team, Plakat, 1972, Münchner Stadtmuseum/IOC

Otl Aicher und Team, Plakat, 1972, Münchner Stadtmuseum/IOC
Neben Eigenproduktionen der Münchner Kulturbetriebe wurden in dem 40-tägigen Programm Gastspiele internationaler Ensembles wie dem New York City Ballet oder der Londoner Royal Shakespeare Company gezeigt und Konzerte etwa der Moskauer Philharmoniker geboten.

Unbekannt, Fotografie, 1972, Keystone Press Agency/Keystone USA via ZUMAPRESS.com

Unbekannt, Fotografie, 1972, Keystone Press Agency/Keystone USA via ZUMAPRESS.com
Zwar kritisierte „Der Spiegel“ das Programm im Vorfeld als „eine Addition europäischer Frack-Festivals: Die Mailänder Scala kommt mit "Aida", die Moskauer Philharmoniker spielen Brahms, aus Leipzig kommt das Gewandhausorchester, das "Berliner Ensemble" gastiert, Felsenstein inszeniert "Wallenstein", und immer wieder: Mozart, Wagner, Strauss.“
Dennoch wurden die traditionellen Programmpunkte auch um avantgardistische Strömungen und progressive Kunstformen erweitert. Dazu zählte etwa das Festival „Musik – Film – Dia – Licht“ des Münchner „Geräuscharchitekten“ Josef Anton Riedl.

Felicitas Timpe, Fotografie, 1972, Bayerische Staatsbibliothek München/Bildarchiv/Felicitas Timpe

Felicitas Timpe, Fotografie, 1972, Bayerische Staatsbibliothek München/Bildarchiv/Felicitas Timpe
Keine „Rockolympiade“ für München
Veranstaltungsorte waren die städtischen und staatlichen Bühnen und Konzertsäle wie das Schauspielhaus oder der Herkulessaal. Zusätzlich mietete das OK etwa den Kongresssaal im Deutschen Museum und das damals noch privat geführte Deutsche Theater.

Felicitas Timpe, Fotografie, 1972, Bayerische Staatsbibliothek München/Bildarchiv/Felicitas Timpe

Felicitas Timpe, Fotografie, 1972, Bayerische Staatsbibliothek München/Bildarchiv/Felicitas Timpe
Mit der Uraufführung der Oper „Sim Tjong“ des Komponisten Isang Yun im Nationaltheater startete das Programm am 1. August. Das OK begrüßte es, wenn anlässlich der Olympischen Spiele Auftragswerke vergeben wurden und die damit einhergehenden „Welturaufführung[en] dem olympischen Kunstprogramm ein besonderes Glanzlicht setzten.“
Die alljährlich im Sommer in und um München stattfindenden Festspielwochen, wie etwa die „Woche der Werkraumtheater“ und Konzertreihen wie die „Schleißheimer Schlossmusik“ oder die „Schäftlarner Konzerte“ wurden in das offizielle Programm eingebunden.
Die Veranstaltung von Pop- und Rockmusik-Festivals war in München und näherer Umgebung nicht erlaubt: „Um Begleiterscheinungen wie Rauschgift-Missbrauch zu vermeiden, ordnete Bayerns Innenministerium an, zwischen Juli und September Genehmigungen für Rock-Meetings zu verweigern“, berichtete „Der Spiegel“. Der Kunstausschuss hatte ein solches Festival unter Beteiligung von Led Zeppelin, den Rolling Stones und anderen für das Theatron im Olympiapark vorgesehen.
UFA-Dabei 1972
Begrüßt wurde hingegen die Durchführung eines Jazz-Festivals. Bei dem von Joachim-Ernst Berendt organisierten „Jazz Now“ traten etwa John McLaughlin, Chick Corea und Gary Burton auf.

Unbekannt, Fotografie, 1972, Privatarchiv Eberhard Schoener

Unbekannt, Fotografie, 1972, Privatarchiv Eberhard Schoener