"So viel 'BAYERN' auf einem Haufen hat es noch nie gegeben" kommentierte die Abendzeitung die kurz bevorstehende Eröffnung der Ausstellung "Bayern – Kunst und Kultur" im Münchner Stadtmuseum am 9. Juni 1972. Die Ausstellung war Teil des Kulturprogramms, das die Olympischen Spiele in München begleitete.

Unbekannt, Fotografie, 1972, Stadtarchiv München (DE-1992-FS-ERG-H-0735)

Unbekannt, Fotografie, 1972, Stadtarchiv München (DE-1992-FS-ERG-H-0735)
Anders als die parallel im Haus der Kunst gezeigte, zweite große Ausstellung "Weltkulturen und moderne Kunst", wurde sie jedoch nicht vom Organisationskomitee der Spiele realisiert. Trägerschaft und Finanzierung der Schau, die der "bayerischen Selbstdarstellung" dienen sollte, übernahmen Freistaat und Stadt.

Unbekannt, Plakat, 1972, Münchner Stadtmuseum

Unbekannt, Plakat, 1972, Münchner Stadtmuseum
Mit der Konzeption und Organisation wurden Anfang 1970 Michael Petzet vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte (ZI) und die Direktorin des Münchner Stadtmuseums, Martha Dreesbach, beauftragt. An der Ausarbeitung beteiligten sich – erstmals gemeinsam – sowohl Mitarbeiter*innen staatlicher als auch städtischer Museen, Archive und Bibliotheken, des ZI und des Bayerischen Rundfunks.

Otl Aicher und Team, Plakat, 1972, Münchner Stadtmuseum/IOC

Otl Aicher und Team, Plakat, 1972, Münchner Stadtmuseum/IOC
Ziel der Ausstellung war es, die bayerische Kultur von der Römerzeit bis in die Gegenwart umfassend zu dokumentieren. Auf 8.000 Quadratmetern wurden rund 2.500 Exponate von mehr als 300 Leihgeber*innen gezeigt.
Darunter waren auch die Moriskentänzer von Erasmus Grasser aus der Sammlung des Münchner Stadtmuseums. Sie schafften es einige Wochen nach der Eröffnung sogar in die New York Times, wo sie einen begeisterten Ausstellungsbericht illustrierten. Mit mehr als 190.000 Besucher*innen war "Bayern – Kunst und Kultur" die meistbesuchte Ausstellung des olympischen Kulturprogramms.
"Bayerisches Welttheater"
Für dieses umfangreiche Projekt reichten die vorhandenen Wechselausstellungsräume im Münchner Stadtmuseum nicht aus. Zahlreiche Sammlungs- und Dauerausstellungsflächen mussten zusätzlich geräumt werden.
Das Marstallgebäude, in dem heute das Kino des Filmmuseums untergebracht ist, war nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg noch nicht wieder neu errichtet worden. An seinen Platz wurde extra ein aus dem 18. Jahrhundert stammender Stadel aus der Nähe von Wasserburg versetzt. Er diente "als Eingangspforte zu einem Stück bayerischen Welttheaters", wie Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel es bei der Eröffnung beschrieb.

Ludwig Thiedel, Fotografie, 1972, Münchner Stadtmuseum

Ludwig Thiedel, Fotografie, 1972, Münchner Stadtmuseum
Die Ausstellung erstreckte sich über drei Stockwerke. Das Erdgeschoss war der Römerzeit bis hin zur Spätgotik gewidmet. Im ersten Stock wurde ein Rundgang durch das ganze Haus ermöglicht, indem zwei Museumstrakte durch eine Stahlrohrbrücke miteinander verbunden wurden. Er setzte inhaltlich mit der Wende zur Neuzeit ein. Im zweiten Stock wurden das 19. und 20. Jahrhundert bis 1945 dargestellt.

Fotografie, 1972, Münchner Stadtmuseum

Fotografie, 1972, Münchner Stadtmuseum
Die chronologische Abfolge wurde nicht nach Stilbegriffen oder Sachgruppen unterteilt. Anstelle eines rein kunsthistorischen Blickwinkels standen kulturhistorische Fragestellungen im Mittelpunkt. In einem Nebeneinander von Architektur, Plastik, Skulptur, Malerei, Graphik, Literatur, angewandter Kunst und Volkskunst wurden historische und soziologische Zusammenhänge aufgezeigt.

Unbekannt, Fotografie, 1972, Stadtarchiv München (DE-1992-FS-ERG-H-0733)

Unbekannt, Fotografie, 1972, Stadtarchiv München (DE-1992-FS-ERG-H-0733)

Fotografie, 1972, Münchner Stadtmuseum

Fotografie, 1972, Münchner Stadtmuseum