Nach sechsjähriger Vorbereitung wurden die Spiele der XX. Olympiade am 26. August 1972 von Bundespräsident Gustav Heinemann eröffnet. Im neu errichteten Stadion nahmen rund 80.000 Zuschauer*innen teil, viele Hundert versammelten sich auf dem Olympiaberg und Millionen verfolgten das Geschehen vor dem Fernseher. Kurz vor Beginn der offiziellen TV-Übertragung sagte Stadionsprecher Joachim "Blacky" Fuchsberger zu den Anwesenden: "Es empfiehlt sich, ab jetzt nur noch zu lächeln".
Der Ablauf der Eröffnung war in den Statuten des Internationalen Olympischen Komitees genau festgelegt. Dennoch setzten die Organisatoren eigene Akzente. "Spontan und leicht" sollte die Feier sein, anstatt "sakralweihevoll, militärisch, nationalbetont oder pomphaft-imposant". So entfielen die bisher üblichen Kanonensalute. Auch wurde die Nationalhymne nach dem Olympischen Gelöbnis nicht wiederholt. Dieses sprach zudem mit Leichtathletin Heidi Schüller erstmals eine Frau.

Sven Simon, Fotografie, 1972, IMAGO/Sven Simon

Sven Simon, Fotografie, 1972, IMAGO/Sven Simon
Einen wesentlichen Beitrag leistete auch die von Kurt Edelhagen und seinen Arrangeuren zusammengestellte Musik zum Einmarsch der Nationen. Eine vielfach gelobte Mischung aus Folklore und Swing, die später auf Schallplatte veröffentlicht wochenlang die deutschen Albumcharts anführte, begleitete die 122 Mannschaften. Die DDR nahm erstmals unter eigener Flagge teil.

Werner Schulze, Fotografie, 1972, IMAGO/Werner Schulze

Werner Schulze, Fotografie, 1972, IMAGO/Werner Schulze
Den Fackellauf, der auf die Idee des jüdischen Archäologen Alfred Schiff zurückgeht und erstmals anlässlich der Olympischen Spiele 1936 in Berlin umgesetzt wurde, beschloss der junge, noch unbekannte Läufer Günter Zahn. Ihn begleiteten vier Läufer aus den übrigen Erdteilen Afrika, Amerika, Asien und Australien.

Sven Simon, Fotografie, 1972, IMAGO/Sven Simon

Sven Simon, Fotografie, 1972, IMAGO/Sven Simon
GOLYM der Olympia-Computer
Bei den Olympischen Spielen 1972 kamen bereits frühe Computer zum Einsatz. Dabei konzentrierte sich die zentrale Datenverarbeitung auf zwei Rechenzentren in München. Eines befand sich im Erdgeschoss des Olympiastadions, wo die Verarbeitung sämtlicher Daten im Zusammenhang mit den sportlichen Wettbewerben erfolgte. Das andere war in der Baierbrunnerstraße in den firmeneigenen Räumen der Siemens AG untergebracht. Dort befand sich die Zentrale für das Sportinformationssystem GOLYM.

Unbekannt, Fotografie, 1972, Siemens Historical Institute

Unbekannt, Fotografie, 1972, Siemens Historical Institute
Die Speicherung und Verarbeitung sämtlicher Daten erfolgte durch die Großcomputer-Modelle 4004 der Firma Siemens. Diese Serie an Großrechnern wurde ab 1965 produziert. Sie gelten als die frühesten Transistor basierten Computer. Für den Einsatz bei den Olympischen Spielen wurde das Betriebssystem GOLEM (Großspeicher Orientierte Listenorganisierte Ermittlungs Methode) eigens angepasst und dementsprechend als GOLYM bezeichnet.

Unbekannt, Anzeige, 1972, Siemens Historical Institute

Unbekannt, Anzeige, 1972, Siemens Historical Institute
Mit diesem Informations-System ließen sich 500 Millionen Daten aufnehmen: Auskunft zu Olympia-Ergebnissen der Neuzeit, Regeln der Sportarten und Informationen über Sportler*innen bis hin zu deren Hobbys, Familienstand und Geburtsdatum. Eine Einschränkung durch den Datenschutz gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Unbekannt, Fotografie, 1972, Siemens Historical Institute

Unbekannt, Fotografie, 1972, Siemens Historical Institute
Erklärtes Ziel war es, die internationale Presse über mehr als nur die aktuellen Sportergebnisse zu informieren. An insgesamt 70 Terminals, unter anderem am Hauptbahnhof, im Pressezentrum und sämtlichen Sportstätten in München und andernorts, halfen speziell ausgebildete Hostessen bei der Bedienung der Computer. Die Kosten für das System betrugen 20 Millionen D-Mark.

In: Die Spiele, Bd 1: Die Organisation, hg. v. Organisationskomitee für die Spiele der XX. Olympiade München 1972 e.V., München 1974, S. 167

In: Die Spiele, Bd 1: Die Organisation, hg. v. Organisationskomitee für die Spiele der XX. Olympiade München 1972 e.V., München 1974, S. 167
"Die anderen siegen – wir bleiben heiter"
Insgesamt 1.199 Frauen und 5.848 Männer aus 121 Ländern nahmen an den Olympischen Sommerspielen 1972 an 195 Wettbewerben in den 22 Sportarten teil. Damit stellten die Spiele in München einen neuen Teilnehmer*innenrekord auf.
Sportarten wie Bogenschießen, Kanuslalom, Handball und Judo wurden als neue olympische Sportarten aufgenommen oder feierten ein Comeback. Andere, wie Leichtathletik, Ringen, Segeln und Gewichtheben erhielten neue Disziplinen hinzu.
Manche der Sportler*innen erspielten, erliefen oder erturnten sich regelrecht in das Herz des Publikums und erlangten so Weltruhm. Andere Ereignisse, die während der Spiele geschahen, erregten internationales Aufsehen. "Die anderen siegen – wir bleiben heiter" titelte die Abendzeitung, nachdem es nach wenigen Wettkampftagen noch immer keinen Olympiasieg für die BRD gegeben hatte.
Deutschlandspiegel 1972